Fuß eines Humpens mit Emaildekor
Beschreibung
Fußfragment eines zylindrischen Humpens aus entfärbtem, nahezu farblosem Glas, leicht hochgestochener Boden mit Abrissnarbe, aus zwei Scherben zusammengeklebt. Der gestauchte Standring ist mit einer weißen Tupfenborte dekoriert. Die Wandung direkt über dem Standring weist Reste einer polychromen Malerei auf: ein vermutlich schwarz geränderter Landschaftssockel, der gelb wirkt aber ehemals grün gewesen sein dürfte, einzig erkennbar darauf ein nackter Fuß in Rosa, stark korrodiert und mit schillernder Irisierung. Auch bei diesem Hohlglasfragment handelt es sich um ein Fundstück vom ehemaligen Standort der Angermünder Burg. Nach dem aktuellen Quellenstand muss es in die Zeit vor 1560 datieren, zumal das Bauwerk danach verfiel und als Steinbruch genutzt wurde. Das auszumachende Element des Dekors, der nackte Fuß, lässt an Vergleichsbeispiele mit Szenen der Verkündigung Mariae oder an allegorische Darstellungen der Tugenden denken (vgl. Ricke, Reflex der Jahrhunderte, 1995, Kat. 115, S. 72; Rückert, Die Glassammlung, Bd. 1, 1982, Kat. 172, S. 99, Taf. 49; Baumgärtner, Glaskunst, 1987, Kat. 61, S. 70f.). Diese werden zumeist nach Böhmen in die Zeit nach 1600 verortet, wohingegen der terminus ante quem für ein Produkt aus Hall in Tirol oder Innsbruck spricht. Dorther sind hingegen keine Vergleichsstücke überliefert. Die Tatsache, dass einer der vermögenden Adligen, die Angermünde und seine Burg im 16. Jahrhundert pfändeten, derart aufwendig produziertes, kostbares Importglas besaß, wäre ein überraschender Untersuchungsbefund dieses Fußfragments. Naheliegender ist hingegen der Ansatz, von einem Erzeugnis aus brandenburgischer Produktion, aus der nahegelegenen Grimnitzer Glashütte auszugehen. Dort waren ab etwa 1575 böhmische Glasmaler tätig. Damit muss die Geschichte der Burg neu geschrieben, ihr Ende nach hinten datiert werden. Dass die Burg länger als ursprünglich angenommen genutzt wurde, lassen weitere Grabungsfunde vermuten, die auf eine lokale Bautätigkeit aus der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg verweisen (O.Schers/E. Walter: Forschungen zur Baugeschichte der Angermünder Burg, in: Angermünder Heimatkalender, 2008, S. 42, 44). [Verena Wasmuth]
Fragment | |
H. 3 cm; Dm. 6,2 cm; Wandungsstärke 0,2/0,3 cm | |
Glas / in Hilfsmodel geblasen, geformt, emailbemalt | |
o. Inv. Nr. | |
2025-02-05 21:23:50 | |
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Dieses Objekt im Museum
1913 entstand als Gründung des „Vereins für Heimatkunde Angermünde“ ein Heimatmuseum. Neben Spenden von den Handwerkerinnungen und Kirchengemeinden bilden von Beginn an archäologische Funde aus dem gesamten Gebiet des Altkreises Angermünde einen Sammlungsschwerpunkt. Seit 2005 ist das Heimatmuseum mit dem 1974 entstandenen Literaturmuseum „Ehm Welk“ vereint. Der vor allem durch seinen Roman „Die Heiden von Kummerow“ bekannte Schriftsteller wurde 1884 im Angermünder Ortsteil Biesenbrow geboren und starb 1966 in Bad Doberan. In der neuen Ausstellung des Museums am neuen Standort im Stadtzentrum von Angermünde liefern Zitate und Bilder aus den Werken von Ehm Welk den „roten Faden“ zwischen den einzelnen Themen. Neben den umfangreichen heimatkundlichen und archäologischen Sammlungen verfügt das Museum über eine wertvolle Regionalbibliothek, Nachlässe des Bildhauers Albert Manthe und anderer Künstler, ein Bildarchiv, Karten und Pläne.