Anker für Vakuum-Strangpresse

Ansicht mit Ziegel Kerstin Weßlau CC BY-NC-SA
Kerstin Weßlau CC BY-NC-SA
Kerstin Weßlau CC BY-NC-SA

Beschreibung

Vorliegendes Maschinenteil besteht aus einem stabilen Eisengussbügel, der unverrückbar in eine große Maschine einzuschrauben war. Vom Bügel gehen fünf starke runde Gestänge aus, die sich fast organisch in 47 sich verdünnende Einzelgestänge verzweigen, um jeweils mit einer Art Trichter zu enden. Es handelt sich um einen historischen Anker für die maschinell unterstützte Ziegelproduktion. Das 19. Jahrhundert war das Jahrhundert der Maschinen und entwickelte auch für Ziegeleien Möglichkeiten zur kontinuierlichen Produktion von Ziegeln ohne Menschenkraft. Hatten frühe Versuche einer sog. Ziegelpresse noch Dank im Kreise laufender Pferde funktioniert, so führte die Weiterentwicklung mittels Dampfkraft und aufstrebender Eisenindustrie noch vor 1890 zu leistungsfähigen horizontalen Ziegelpressen oder Strangpressen, in denen sowohl der eingespeiste Ton durch innere Schneiden und rotierende Schneckenwellen homogenisiert wurde, wie auch die Mundstücke am Austritt des Ziegelstrangs ausgewechselt werden konnten. Das machte durch entsprechende Einsätze auch erstmals Lochziegelsteine möglich, bei denen vor allem am Material Ton gespart werden konnte, die die Rohziegel aber auch schneller trocknen und zudem gleichmäßiger brennen ließ (von der besseren Wärmedämmung war damals noch nicht die Rede). Für eine eventuelle frühe Nutzung bei den Glindower Ziegeleien vor 1914 ist das Forschungsmaterial noch zu düftig. Erst ab 1948 ist für die damalige DDR durch Zeitzeugen der Gebrauch von Lochziegelpressen und ab 1952 die Anwendung von neu entwickelten Vakuumstrangpressen in Glindow belegt. 1957 wurde sogar die Produktion von Vollziegeln eingestellt zugunsten von Lochziegeln mit runden Ziegellöchern. Der Einbau eines Lochziegel-Ankers in eine Strangpresse erfolgt kurz vor dem Austritt des Ziegelstranges im Mundstück. Das Mundstück entscheidet über die Form der Ziegel, danach wird der Strang in Scheiben geschnitten, dh. in Einzelziegel getrennt. In Dokumentationsfotos der DDR der 1950er Jahre kann man Fotos von Lochziegeln mit maximal 14 Löchern entdecken. Vorliegender Lochziegelanker würde aber 47 Löcher im Zentrum eines Ziegels erzeugt haben. Dafür ist noch kein Ziegel gesichert. Es besteht daher noch Ungewissheit über die zeitliche Einordnung und über den Strangpressentypus. Die geschmiedete Machart der Ankerverzweigungen deutet eher auf einen Anwendungszeitraum noch vor 1900; dies muss für zukünftige Nachforschungen noch offen bleiben.

Objektart Werkzeug
Maße 28 x 36,5 x 9 cm
Material Eisen, gegossen und geschmiedet, mit Rostpatina
Inventarnummer W 001 / 19
Stand der Infomationen 2025-02-05 21:23:51
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Ziegeleimuseum Glindow CC BY-NC-SA

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Ziegeleimuseum Glindow

Das Märkische Ziegeleimuseum Glindow befindet sich in einem oktogonalen, gelb gemauerten Ziegelturm. Dieses zuvor unterschiedlich genutzte Bauwerk ist um 1992 gründlich restauriert worden - ein Jahrhundert nach seiner Errichtung - und heute denkmalgeschützt. Die Museumssammlung zeigt neben wechselnden Sonderpräsentationen eine lehrreiche Dauerausstellung, die über die regionale Ziegelherstellung informiert, beginnend mit dem Tonabbau in den benachbarten "Glindower Alpen" sowie den Entwicklungen des Ziegelbrandes vom Feldbrandverfahren bis hin zum Hoffmann'schen Ringofen, welcher in unmittelbarer Nachbarschaft seit 150 Jahren immer noch brennend aktiv ist. Eine Miniatur-Modell-Anlage zeigt detailliert die einzelnen Produktionsschritte vom Tonschürfen bis zum Abtransport mit entsprechenden Gebäuden wie Trockenschuppen und Ofen-Einsichten. Daneben verschaffen originale Werkzeuge den Besuchern eine Vorstellung vom schweren wie beschwerlichen Handwerk des Ziegelstreichens - es darf hier auch angefasst und angehoben werden. Eine Vielzahl präsentierter historischer Ziegelsteine trägt gestempelte Hersteller-Markierungen, darunter unterschiedlichste "Glindow"-Signaturen, aber auch solche anderer Brandenburger Ziegelzentren. Namen stehen für teils jahrhundertealte Ziegler-Dynastien. Parallel wird der Museumsrundgang veranschaulicht durch eine Vielzahl von historischen Foto-Dokumenten aus dem einstigen Ton-Tagebau und einstmaligem Ziegler-Alltag, wobei auch Frauen und Kinder körperlich schwere Arbeit leisten mussten. Seltene Fotos gewähren Einblick in den Brennvorgang in den Ringofen-Kammern oder in die extrem mühevolle Arbeit ganzer Ziegelschiffer-Familien, die tagtäglich ihre Kähne an den Glindower Ziegeleien beladen und in Berlin entladen mussten: zig-Tonnen Ziegelsteine! Ergänzt wird diese Dauerausstellung durch historisch informierende Sonderausstellungen zu den Ziegeleifamilien oder über Meisterwerke der Backsteingotik sowie der ländlichen Brandenburger Ziegelarchitektur, bereichert von Architektur-Fotos aus dem Museumsarchiv. Im Jahr 2020 ist es in diesem Zusammenhang gelungen, eine zusammenfassende Broschüre über die Geschichte der Glindower Ziegeleien seit ihren Anfängen bis zur Gegenwart herauszugeben. Das Museumsarchiv birgt aber auch eine Sammlung von Künstlerarbeiten, Gemälden und Graphiken wie auch skulpturalen Objekten mit Bezug zur regionalen Ziegelherstellung aus künstlerischer Sicht, welche in naher Zukunft aus verstecktem Dasein ihren Weg in die Öffentlichkeit finden sollen. Daneben spielt die pädagogische Arbeit eine zukunftsweisende Rolle, um die ganz junge wie auch die unmittelbar nachrückende Generation für das Ziegel-Thema zu begeistern. Die Arbeit mit Kindern und die Zusammenarbeit mit Schulen sind gleichsam eine Investition in die Zukunft, damit die Bedeutung der Ziegeltraditionen rund um den Glindowsee und seinen benachbarten Gewässern im Gedächtnis wie auch in der Agenda zukünftiger Generationen kreativ verankert wird und lebendig bleibt. In diesen Zusammenhang begrüßt der Verein auch all die interessierten Exkursionsbesucher aus Fachhochschulen, Fachschulen und Universitäten. Der "Förderverein Historische Ziegelei Glindow" e.V., dessen Mitglieder das Museum betreiben und Besucher betreuen, beruht auf ehrenamtlicher Tätigkeit. Das schließt auch die regelmäßigen Führungen ein durch die aktuellen Produktionsabläufe der Glindower Manufaktur. Es umfasst auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Betreuung der Museums-Sammlung: es gibt also viel zu tun. Glindow, d. 26. Juli 2020 - Text: Gabriele Christiane Sellner, Vorstand

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