Wendisches Lesebuch

Dietmar Fuhrmann CC BY-NC-SA

Beschreibung

Mit der "Zytanka sa ßerbske źischi" gab der seit 1903 als Hilfspfarrer an der Wendischen Kirche (Klosterkirche) in Cottbus angestellte Pfarrer Gotthold Schwela ein 40seitiges wendisches Lesebuch heraus. Der Druck auf den ersten 29 Seiten erfolgte in traditioneller Schwabacher Schrift, obwohl bereits lateinische Lettern allgemein üblich waren, wohl um auch den Eltern einen leichteren Zutritt zum Geschriebenen zu ermöglichen. Wendische Bibel, Predigt- und Gesangsbücher wurden in jedem wendischen Haushalt mit Vorliebe rezipiert, waren aber noch in Schwabach gedruckt. Auf den Seiten 30 - 32 werden Schwabacher Schrift und lateinische Schrift vergleichend nebeneinander gestellt und dem Leser erläutert. Ihm soll die Furcht vor dem Neuen, in der Schule nicht Gelernten, genommen werden. Nach 1945 erschienene niedersorbische Literatur und so auch die Wochenzeitung Nowy Casnik wurde nur noch in lateinischen Buchstaben gedruckt. Das verstanden viele nicht leicht und gaben vor, dies sei nicht ihre Sprache. Sie verhielten sich reserviert bis ablehnend. Der Hauptschuldige daran war ohne Zweifel der deutsche Staat, der von den Wenden Steuern nahm, die Bodenschätze ihrer Heimat ausbeutete, die Männer in deutsche Uniformen steckte usw., ihnen aber jede ordentliche muttersprachliche Bildung über mehrere Generationen hinweg versagte und sie zu germanisieren suchte. Einzelne humanistische Geistliche, Lehrer und Journalisten stemmten sich dagegen und schufen wendische Literatur, um die Eindeutschung aufzuhalten. In dem Lesebuch werden die Buchstaben mit kleinen Lithografien illustriert und in Silben wie auch diversen Wortbeispielen ausführlich erklärt. Dem schließen sich kurze Lesestücke und Verse in niederlausitzisch-wendischer Sprache an, die aus der Feder namhafter obersorbischer, niedersorbischer und deutscher Förderer stammen. Das Buch ist ein einzigartiges Zeitzeugnis, eine Reaktion auf verfehlte deutsche Minderheitenpolitik. Die Anwendung der Muttersprache ist ohne Zweifel ein grundlegendes Menschenrecht.

Objektart Buch
Material Druck, Papier
Inventarnummer SL 149 a
Stand der Infomationen 2024-10-28 07:46:51
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Wendisches Museum CC BY-NC-SA

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Wendisches Museum

Das Wendische Museum / Serbski muzej wurde am 3. Juni 1994 in der Altstadt von Cottbus eröffnet. Es verweist auf anderthalb Jahrtausende slawischer, d.h. sorbischer/wendischer Geschichte auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Behandelt werden die Themen Volkskunst, bildende Kunst, Sprache, Schrifttum, Literatur, Musik, Trachten und Bräuche sowie Numismatik und Postgeschichte aus sorbischer/wendischer Sicht mit dem Schwerpunkt Niederlausitz. In den ersten zwanzig Jahren seines Bestehens präsentierte das Wendische Museum insgesamt 88 Sonderausstellungen, zählte über 90.000 Besucher und erarbeitete sich den Ruf als Leitmuseum für die wendischen Heimatstuben der Region. Seit 2006 gibt das Haus die Schriftenreihe "Sorbische Kostbarkeiten / Serbske drogotki" heraus. Bei allem wird auch auf sorbisch-deutsche Zweisprachigkeit geachtet. Das Wendische Museum ist eine Kultureinrichtung der Stadt Cottbus/Chóśebuz und wird von der Stiftung für das sorbische Volk gefördert, die durch Fördergelder des Bundes und der Länder Sachsen und Brandenburg unterhalten wird.

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