Kleindiesellokomotive 102 172-4
Beschreibung
Die Kleindiesellokomotive 102 172-4 gehört zur Baureihe 1021 der Deutschen Reichsbahn (DR), die mehr als 25 Jahre im Bw Wittenberge im Einsatz war. Ende der 1960er-Jahre benötigte die DR moderne Dieselloks für den leichten Rangier- und Streckendienst. Aufbauend auf den Erfahrungen mit den Maschinen der Baureihen V 1510/V 1520 und V 23 plante die Reichsbahn jedoch eine Neuentwicklung. In Zusammenarbeit mit dem VEB Lokomotivbau "Karl Marx" Babelsberg (LKM) entstand eine neue 220 PS starke Diesellok, die zunächst die Typen-Bezeichnung V 231 erhielt. Während der Motor und das Getriebe der Baureihe V 23 der DR nahezu unverändert übernommen wurden, waren der Fahrzeugteil, der Führerstand und die Aufbauten völlige Neukonstruktionen. Im Interesse besserer Laufeigenschaften wurde der Achsstand für die V 231 auf 3.560 mm verlängert. Außerdem wurden die Achsgabelstege, das Blindwellenlager und die Radsätze verstärkt. Im Sommer 1970 begann die Serienfertigung des Typs V 231, deren erste Exemplare die DR im Juli 1970 in Dienst stellte. Bis zum Januar 1971 lieferte der LKM Babelsberg insgesamt 157 Maschinen. Die orangefarbene Lackierung und die kantige Form brachten den Dieselloks der Baureihe 1021 den Spitznamen "Gartenlaube" ein. In einigen Bahnbetriebswerken wurden die Maschinen auch als "Postkasten" bezeichnet. Das Bw Wittenberge erhielt im Herbst 1970 insgesamt sechs fabrikneue Maschinen der Baureihe 1021. Die kleinen Dieselloks wurden hier nicht nur im leichten Rangier- und Bauzugdienst eingesetzt, sondern bespannten auch Personen- und Güterzüge auf der als "Kreisringbahn" bekannten Strecke Perleberg–Karstädt–Berge–Perleberg. Erst am 28. Februar 1997 wurden die letzten drei "Gartenlauben" aus Wittenberge abgezogen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Maschinen, die seit dem 1. Januar 1992 als Baureihe 3121 bezeichnet wurden, erheblich an Bedeutung verloren. Bereits 1994 hatte die Deutsche Bahn AG (DB AG) mit der Ausmusterung der kleinen Dieselloks begonnen. Die letzten Exemplare hatten schließlich im November 2001 ausgedient. Die Diesellok 102 172 wurde 1970 mit der Fabrik-Nummer 265.072 in Babelsberg gebaut. Nach der Endabnahme am 31. Oktober 1970 wurde die Maschine dem Bw Reichenbach (Vogtland) zugewiesen. Dort wurde die Baureihe 1021 u.a. von den Einsatzstellen Adorf, Falkenstein und Werdau für den Rangierdienst benötigt. 102 172 war äußerst standorttreu. Abgesehen von einem kurzen Gastspiel in Zwickau in den Jahren 1994/95 war die Maschine ausschließlich in Reichenbach (Vogtland) stationiert. Am 2. Juli 1997 verfügte die DB AG die seit 1992 als 312 172 bezeichnete Diesellok in den Schadpark und musterte sie schließlich am 30. Oktober 1997 aus.
Kleindiesellokomotive | |
Stahl | |
o. Inv. | |
2025-02-05 21:23:51 | |
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Dieses Objekt im Museum
Das Bahnbetriebswerk (Bw) Wittenberge kann auf eine über 160-jährige Geschichte zurückblicken. Einst gehörte Wittenberge zu den größten Bahnbetriebswerken der Deutschen Reichsbahn (DR). Bereits 1846 nahm die Berlin-Hamburger Eisenbahn (BHE) in der Elbestadt den ersten Lokschuppen, den heutigen Schuppen III, in Betrieb. 1872 folgte eine so genannte Rotunde mit 18 Gleisen und einer in der Mitte liegenden Drehscheibe (später Schuppen I). Zwischen diesen beiden Lokschuppen entstand 1889 ein Ringschuppen, der heutige "Historische Lokschuppen". Zwei Wassertürme (1873 und 1898), verschiedene Werkstätten und Lokbehandlungsanlagen ergänzten das Bahnbetriebswerk, das bis 1915 seine heutige Ausdehnung erreichte. In den 1960er-Jahren entwickelte sich Wittenberge zu einem Groß-Bw mit rund 1.000 Eisenbahnern und bis zu 150 Lokomotiven. Bei Eisenbahnfreunden aus aller Welt war das Bw Wittenberge vor allem für seine Dampfloks der Baureihen 0.15, 44Öl, 50Öl und 50.35 bekannt. Erst im Frühjahr 1987 hatten in der Elbestadt die letzten Dampfloks ausgedient. Mit dem Zusammenbruch des Schienenverkehrs auf den Strecken der DR verlor auch das Bw Wittenberge in den 1990er-Jahren rasch an Bedeutung. 1997 schlossen sich dann die Schuppentore und die Natur eroberte sich langsam das Areal zurück. Doch nach 15 Jahren Dornröschenschlaf geschah ein Wunder - Dampfloks zogen wieder in den Ringlokschuppen ein. Die Stadt Wittenberge hatte im Herbst 2010 das Gelände des ehemaligen Bahnbetriebswerkes mit seinen beiden noch vorhandenen Lokschuppen, der Drehscheibe, den Wassertürmen und den Gleisanlagen erworben. Im Sommer 2011 begann mit Fördermitteln der Europäischen Union, des Landes Brandenburg sowie des Bundes die aufwändige Sanierung und der Umbau des Ringlokschuppens zum größten Eisenbahnmuseum in Brandenburg. Im Herbst 2012 war es dann soweit - der Historische Lokschuppen öffnete wieder seine Tore. Glanzstücke der Sammlung sind die fünf für das Bw Wittenberge lange Zeit typischen Dampfloks der Baureihe 50.35. Außerdem können die Besucher die kleine Werklok Emma, eine schwere Güterzuglok der Baureihe 44 sowie 5 Diesel- und 8 Kleindieselloks bewundern. Die Eisenbahnfreunde betreuen auch einen Lazarettwagen der Deutschen Reichsbahn, den Autotransportwaggon des ersten DDR-Regierungszuges und mehrere Draisinen. Neben den Loks und Wagen gehört auch das 1909 gebaute Stellwerk "Wm" zum Eisenbahnmuseum. Wer möchte, kann hier selbst einmal Hand an die Hebel legen und sich davon überzeugen, dass das Umlegen einer Weiche und das Stellen eines Signals früher schwere körperliche Arbeit war.