Wasmuth, Verena CC BY-NC-SA
Wasmuth, Verena CC BY-NC-SA

Beschreibung

Zahlreiche Scherben aus hellgrünem Glas mit einem Überfang, dessen Oberfläche senkrechte Rippen trägt. Die Einzelscherben gehören zu diesem teilrekonstruierten Schalentyp, manche aber auch zu Flaschen, deren gebauchte Wandung mit senkrechten Rippen, durch das Eindrücken des schalenförmigen Überfangs in eine offene Rippenform erzeugt wurde (a mezza stampaùra), während der langgezogene Hals glatt blieb, wie einige der Fragmente belegen. Sie kamen am Standort der Kunckelschen Glashütte auf der Pfaueninsel zutage. Ein Fundkomplex ließ sich als Fragment einer Rippenschale mit angeschmolzenem Standring und einem angesetzten Henkel aus zwei aneinandergesetzten Glaswülsten zusammensetzen. Robert Schmidt zitierend hat die Literatur bislang angenommen, die Glashütte Pfaueninsel sei für Johann Kunckels Experimente zur Entwicklung neuer Farbgläser, die Herstellung des kostbaren Goldrubinglases sowie der Glasperlen für die afrikanische Kolonie Groß-Friedrichsburg reserviert gewesen (Rau, Das Glaslaboratorium, 2009, S. 49; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 32f.). Möglicherweise widerlegen die Bodenfunde diese Annahme. Andererseits könnte es sich dabei ebenso um angekaufte Scherben handeln, die in einer anderen Glashütte hergestellt worden waren. Damals war es nämlich üblich, durch die Zugabe von Glasbruch die Schmelztemperatur sowie -dauer des Glasgemenges deutlich zu reduzieren. Einer dritten Theorie folgend könnten die Fragmente zu Vorratsbehältnissen gehört haben, die zum Laboratorium gehörten. Dass Kunckel kostspielige Zutaten für seine Versuche importierte, ist dokumentiert (ebd.). Da keine intakten Rippenschalen oder -flaschen dieser Machart aus grünem Glas mit brandenburgischer Provenienz überliefert sind, lässt sich eine Zuschreibung nicht ohne Vorbehalt machen. Die große Menge nahezu formidentischer Scherben macht jedoch die Vermutung wahrscheinlich, dass sie tatsächlich auf dem Pfauenwerder produziert wurden, möglicherweise als Teil einer Versuchsreihe zur Strukturierung von Gefäßwandungen nach venezianischen Vorbildern. Mehrere Potsdamer Flaschen aus Goldrubinglas a mezza stampaùra sind aus der Literatur bekannt (vgl. Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 30, S. 100f.; Kerssenbrock-Krosigk, Goldrubinglas, 2001, S. 110–112; Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv. Nr. II 62/519, 1,2 A). Es handelt sich also keinesfalls um einen optischen Dekor, wie fälschlich von Monica und Günter Rau angenommen. Aus dem gleichen Fundkomplex stammen Scherben mit demselben Rippendekor aus kobaltblauem Glas. [Verena Wasmuth]

Objektart Glasscherben
Maße Kästchen 16 cm x 16 cm
Material Glas / formgeblasen, ofengeformt
Inventarnummer If 24658
Stand der Infomationen 2023-10-05 23:55:00
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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg CC BY-NC-SA

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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Die Hohenzollern ließen ab dem 17. Jahrhundert neben ihrer Hauptresidenz in Berlin verschiedene Schloss- und Gartenanlagen in der Havellandschaft bei Potsdam errichten. Der Gartengestalter Peter Joseph Lenné fasste im 19. Jahrhundert mehrere dieser Schloss- und Gartenensembles zu einer Kulturlandschaft zusammen, die 1990 in die UNESCO-Liste des Kulturerbes der Menschheit aufgenommen wurde. Die 1995 gegründete Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) pflegt diesen Reichtum brandenburgisch-preußischer Geschichte, betreut die Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen und macht sie auf vielfältige Weise der Öffentlichkeit zugänglich. Die SPSG ist ein Zusammenschluss der nach 1945 getrennten Schlösserverwaltungen in Potsdam und West-Berlin und knüpft an die bereits 1927 im Zuge der Vermögensauseinandersetzung mit dem Haus Hohenzollern gegründete preußische Schlösserverwaltung an. Derzeit verwaltet die SPSG über 150 historische Bauwerke sowie rund 800 Hektar Gartenanlagen. Über 30 Häuser aus fünf Jahrhunderten mit ihren hochkarätigen Kunstsammlungen sind der Öffentlichkeit regelmäßig zugänglich. Dazu gehören in Potsdam u.a. das Schloss Sanssouci, die Bildergalerie, das Neue Palais und Schloss Charlottenhof im Park Sanssouci sowie das Marmorpalais und Schloss Cecilienhof im Potsdamer Neuen Garten. In Berlin betreut die SPSG Schloss und Garten Charlottenburg, Jagdschloss Glienicke, Schloss Schönhausen und die Pfaueninsel. Hinzu kommen die märkischen Schlösser Rheinsberg, Königs Wusterhausen, Caputh und Paretz sowie das Schlossmuseum Oranienburg.

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