Flach-Halbwebstuhl (19. Jahrhundert)
Beschreibung
An diesem Handwebstuhl/ Halbwebstuhl mit Kontermarscheinrichtung ist ein Muster eingerichtet, mit dem Gerstenkornhandtücher gewebt werden. Er ist bestückt mit 6 Schäften, 6 obere Querschemel, 6 untere Querschemel und 6 Tritten. In der Handweberei würde man mit höchstens 12 evtl. auch 16 Schäften arbeiten, es ist immer abhängig von der Musterung die man ausgewählt hat. Vor dem Einrichten eines Webstuhls muss man eine Patronenzeichnung machen und danach kann der Webstuhl eingerichtet werden. Erst Kette schären, bäumen, das Muster ins Geschirr einziehen, Blatt stechen, anbinden der Kette, anschnüren die Schäfte über die Wippen mit den Querschemeln und den Tritten nach Vorgabe der Patronenzeichnung anschnüren. Die Kette ist mit einem Hals oberhalb auf dem Kettbaum aufgewickelt, gebäumt und führt über einen Streichriegel zu den Litzen, durch die Litzenaugen, das Blatt oder Ried. Der/die Handweber/in tritt den Tritt runter dabei heben und senken sich die Schäfte, jetzt entsteht das Fach, hier wird durch das Ziehen an der Zucke der Schnellschützen von einer Seite zur anderen geschossen. Dadurch erfolgt der Schusseintrag und es wird die Lade mit der linken Hand bewegt und der eingetragene Schuss an die schon vorhandene Ware angeschlagen. Bei jedem Anschlagen des Schusses, wird durch die Krafteinwirkung auf das Gewebe, gleichzeitig der Kettbaum ein wenig bewegt und gibt Kette frei, dass nennt man auch lockere Bremse. Am Kettbaum ist eine Bremsscheibe befestigt um diese ist ein Seil gewickelt, das Seil ist an einem Ende am Webstuhl befestigt und am anderen mit einem Holzhebel verbunden. An diesem Hebel hängen mehrere Steine, die an unterschiedlichen Stellen eingehängt oder auch ganz weggenommen werden können und somit das Gegengewicht zur Kette bzw. zum Kettbaum bilden. Das Gewicht muss immer wieder verändert werden um eine gleichmäßige Freigabe der Kettfäden zu gewährleisten. Das Aufwickeln der Ware erfolgt über die Bewegung der Lade die mit einem Hebel und Schnur mit einem Regulator/ Zahnräder verbunden ist und mit jeder Bewegung über die Zahnräder, die am Warenbaum befestigt sind, sich weiter drehen und die Ware aufwickelt. Auch hier muss immer wieder gestellt werden, da sich der Umfang des Warenbaums ändert und somit der Abzug verringert werden muss.
Wollverarbeitung | |
H: 200 cm, B: 250 cm, T: 190 cm | |
Buchenholzrahmen, Holz, Maschinenstahl, Zahnräder aus Gußeisen, Leder, Baumwollschnüre | |
o. Inv. | |
2023-10-05 23:55:00 | |
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Details und verwandte Objekte
Einordnung
Schlagworte
Dieses Objekt im Museum
Die Handweberei von Ulla Schünemann (Handwebmeisterin) ist gleichzeitig auch ein aktives privates Museum. Der Webhof ist eine denkmalgeschütze Anlage 1750/1880 erbaut und wohl die größte und älteste produzierende Handweberei Deutschlands. Es wird an 200-300 Jahre alten Handwebstühlen gearbeitet und die traditionelle Kunst der Handweberei weitergeführt und vorgeführt. Vor allem werden Naturmaterialien wie Leinen, Baumwolle, Seide und Wolle verarbeitet und aus ihnen Tischwäsche, Gerstenkornhandtücher, Gardinen, Möbelstoffe, Schals und vieles mehr gewebt. Aus den handgewebten Stoffen wird individuelle maßgeschneiderte Kleidung hergestellt Der Museumsbesuch beginnt mit einem Film über das Leben der 1904 geborenen Henni Jaensch. Die Handwebmeisterin erzählt im Rückblick wie sie zum Weben kam, ihre Ausbildung bei Else Mögelin (einer Bauhausschülerin) in Gildenhall absolvierte, und selbst „die Kunst des Weglassens" für sich als Stil übernommen hatte. Nach dem Film beginnt der eigentliche Rundgang: Sechzehn Webstühle verteilen sich auf die Websäle und können sammt Erläuterungen besichtigt werden, auch eine Schneiderei in der die handgewebten Stoffe verarbeitet werden, gehört zum Haus. Der Besucher kann am Webstuhl direkt bei der Produktion, beim Weben zuschauen und wird fachkundig von gelernten Handweberinnen über den Webprozess, über Materialien, Webmuster, Farben und die Einrichtung eines Webstuhls, sowie die Vor-und Nacharbeiten informiert. Die verschiedenen Webstühle unterscheiden sich in Halb- und Vollwebstuhl, Flach- und Hochwebstuhl, sowie ein Jaquardwebstuhl. Viele Arbeitsgeräte wie z.B. Spulrad, Spulmaschine, Schärrahmen, Zwirnmaschine sind zu sehen und vielleicht hat man die Möglichkeit beim schären einer Kette zuzusehen. Beim Spinnen von Wolle, Flachs, Alpaka oder auch Baumwolle kann man am Handspinnrad zusehen und auch hier werden auf Wunsch die einzelnen Arbeitsschritte erläutert. Jeder Besucher erlebt somit seinen ganz individuellen Museumsbesuch. Dem Museum ist ein Café und ein Museumsshop (Leinenladen) mit hauseigenen Produkten angeschlossen.