Holger Vonderlind CC BY-NC-SA
Potsdam Museum CC BY-NC-SA

Beschreibung

Achtseitig gerippte Stangenvase mit Nodus und weit auskragender Mündung. Scherben hell, Glasur weiß, Inglasurbemalung in Blau mit teilw. stark verlaufener Chinoiserie: vorder- und rückseitig je zwei Figuren in einer Felslandschaft, unterhalb des Nodus eine weitere Figur. Auf dem Wulstring selbst Behangmuster, am Hals Spiralen- und Blattdekor. Glasurabplatzungen, Ergänzungen an Fuß und Hals z. T. wieder ausgebrochen. Die Vase wurde im Oktober 1917 von Paul Heiland aus der Versteigerung der Sammlung des vier Jahre zuvor verstorbenen Freiherrn Wilhelm von Minnigerode-Allerburg für das Städtische Museum gemeinsam mit einer zweiten Stangenvase als Potsdamer „Fleute“ erworben (78-11-FA; HAPM, HK 2, Beleg Nr. 304, 04.12.1917). Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich jedoch um ein Erzeugnis der Berliner Manufaktur Gerhard Wolbeer, die das über niederländische Adaptionen eines chinesischen Vorbilds der Ära Shunzhi (1644–1661) bzw. Kangxi (1662–1722) übernommene, rippenlose Modell mit Nodus mit einem gerippten Modell der Ära Kangxi ohne Nodus bereits vierzig Jahre vor Gründung der Potsdamer Manufaktur kombinierte (Ströber, »La maladie de porcelaine«, 2001, Kat. 10, 17, 19; Rudi, Europäische Fayencen, 2017, Kat. 43, mit weiteren Vergleichsobjekten; Ausst.-Kat. Der schöne Schein 2013, Kat. 37 & 38; Ausst.-Kat. Herrliche Künste und Manufacturen 2001, Kat. 46, 52, 66, 71 [polychrom]; Vase in der Stiftung Stadtmuseum Berlin, s. Weblink unten). Eine der beiden Figurengruppen kann als Dame mit Fächer und begleitendem Schirmträger nach Delfter Vorbild identifiziert werden, eine Szene, die zum Standardrepertoire der Manufaktur Wolbeer gehörte. Zudem ist zu bedenken, dass die Vasen zu einem Zeitpunkt erworben wurden, als die Berliner noch als Potsdamer Produkte gehandelt wurden und dass keine einzige als Potsdam gemarkte Vase dieses Typs bislang bekannt ist. Die publizierten Vasen dieses Typs aus der Manufaktur Wolbeer sind ebenfalls ungemarkt, werden jedoch aufgrund ihres für Wolbeer charakteristischen Behangdekors dieser Manufaktur zugeschrieben (vgl. Ausst.-Kat. Der schöne Schein 2013, S. 138). Die Bordüre und der Dekor der Fußplatte der beiden Exemplare aus dem Potsdam Museum weichen ebenso wie derjenige der o. g. Vase aus der Stiftung Stadtmuseum Berlin geringfügig davon ab, so dass ein letzter Zweifel wohl bestehen bleiben wird. Grundlage für die frühere Annahme, die Potsdamer sei der Berliner Fayencemanufaktur vorausgegangen, war der unter den Vertrag mit dem Niederländer Pieter Fransen van der Lee über die Einrichtung der Berliner Fayence-Manufaktur im Jahr 1678 gesetzte Unterschrift von Kurfürst Friedrich Wilhelm mit der Ortsangabe „Potsdam“. Dies betraf, wie man seit etwa 1921 weiß, allein den Ausstellungsort des Dokuments, nicht dessen geographischen Inhalt (1920 bereits mit Fragezeichen unter einem Kapitel als Berlin und Potsdam von August Stöhr und ebenso unsicher von Paul Heiland selbst publiziert, vgl. Stöhr, Deutsche Fayencen und deutsches Steingut, 1920, S. 444ff.; Heiland, Die Potsdamer Fayencefabrik, 1921). Paul Heiland hatte in Verbindung mit dem brandenburgischen Historiker und Keramikforscher Georg Mirow entscheidend dazu beigetragen, dieses Missverständnis aufzuklären und zu publizieren – bedauerlicherweise zu qualitativen Lasten der Potsdamer Manufaktur (vgl. Mauter, Die Potsdamer Fayencemanufaktur, 1996; Mirow, Neue Beiträge, 1921/22; Heiland/Fuchs, Deutsche Fayence-Kultur, 1925). Die Vase ist Teil der Ständigen Ausstellung des Potsdam Museums und wurde zuvor bereits mehrfach in Ausstellungen des Hauses präsentiert. [Uta Kumlehn mit Dank an Judith Granzow]

Objektart Vase
Maße H. 36,5 cm; Dm. Fuß 12,8 cm; Dm. Hals 16,5 cm
Material Ton / glasiert, Inglasurmalerei
Inventarnummer 78-10-FA
Stand der Infomationen 2023-10-05 23:55:00
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Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte CC BY-NC-SA

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Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte

Das Potsdam Museum wurde 1909 von Potsdamer Bürgern und Mäzenen, die im Potsdamer Kunstverein und Potsdamer Museumsverein aktiv waren, als Städtisches Museum gegründet. Bereits in den Anfängen des Museums wurden umfangreiche Nachlässe, Stiftungen und Schenkungen mit historischem und kulturellem Wert dem städtischen Museum übergeben. Heute zählen die Sammlungsbestände des Museums über 200.000 Objekte. Wichtige Sammlungsschwerpunkte bilden dabei die Bereiche Bildende Kunst, Fotografie, Alltagskultur und Angewandte Kunst, Schrift und Druck sowie die umfangreiche Museumsbibliothek. Das Potsdam Museum hat in den vergangenen 100 Jahren eine wechselvolle Geschichte erlebt und häufig seinen Standort gewechselt. 2012 kehrte es an seinen Gründungsstandort in das Alte Rathaus am Alten Markt im Herzen der Stadt Potsdam zurück. Das Museum widmet sich städtischen Themen im Bereich der Kunst, Kultur und Geschichte. Dem neuen Potsdam Museum als Forum für Kunst und Geschichte stehen drei Etagen zur Verfügung. Seit 2013 ist die neue stadtgeschichtliche Dauerausstellung zu besuchen. In zehn themenorientierten Modulen wird die Stadt- und Kulturgeschichte Potsdams auch im Kontext überregionaler Ereignisse präsentiert. Neben der wissenschaftlichen Aufarbeitung und Präsentation der Stadtgeschichte hat das Potsdam Museum den Auftrag, regionale Kunst zu sammeln und auszustellen. Mit den Ausstellungen zur Bildenden Kunst möchte das Potsdam Museum nicht nur Künstlerinnen und Künstler der Region vorstellen, sondern auch überregionale und internationale Kunstpositionen vermitteln. Als Ausstellungsflächen stehen dafür der Galerieraum für Bildende Kunst im Sockelgeschoss und die Sonderausstellungsflächen im Erdgeschoss, die auch für Fotografie- und Geschichtsausstellungen genutzt werden, zur Verfügung.

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