Pfauder, Wolfgang (2008) CC BY-NC-SA

Beschreibung

Ferdinand Bellermann wurde zunächst in Weimar als Porzellanmaler und ab 1833 an der Berliner Akademie der Künste als Landschaftsmaler ausgebildet. Reisen nach Norwegen, Südamerika und Italien spiegeln sich in seinen Werken. Prägend für sein Oeuvre war jedoch die von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen geförderte dreijährige Reise nach Venezuela, 1842-1845. Die auf dort angefertigten Studien basierenden "Urwaldlandschaften" - tropische Landschaften Venezuelas - gehören zu seinen bekanntesten Gemälden. In den preußischen Sammlungen befanden sich einst mindestens 19 Gemälde von seiner Hand, daneben zahlreiche Ölskizzen, Aquarelle und Zeichnungen. Die großformatige "Jagd auf den Jaguar" wurde 1865 von König Wilhelm I. von Preußen (der spätere Kaiser Wilhelm I.) beim Künstler in Auftrag gegeben, nachdem dieser eine Skizze eingereicht hatte. Es entstand als formatgleiches Gegenstück zu einer bereits drei Jahre zuvor angefertigten "Urwaldlandschaft" Bellermanns (GK I 802). Heute sind beide Gemälde im Schloss Charlottenburg zu sehen. Zwei weitere formatgleiche Darstellungen der Landschaft Venezuelas, deren Verbleib heute unbekannt ist, gehörten ebenfalls zu dem Ensemble, das im Berliner Schloss aufbewahrt wurde. Sehr nah am Betrachter:innenstandpunkt eröffnet der „Südamerikanische Urwald – Jagd auf den Jaguar“ den Blick auf eine Schlucht mit Flussverlauf und Wasserfall. Oberhalb der Schlucht grenzt ein Wald mit der üppigen und vielfältigen Vegetation Venezuelas an. In der Ferne erscheint die Silhouette einer Hügelkette. Im Zentrum des Bildes zeigt Bellermann die Szene einer Jaguarjagd. Über der Schlucht dienen umgeknickte Baumstämme als Brücke, die schon von zwei Männern überquert wurde, um einen Jaguar zu verfolgen. Das Tier versucht zu fliehen, wurde jedoch bereits von einem Pfeil getroffen. Zwei Männer und eine Frau befinden sich noch auf der anderen Seite und sind im Begriff, die beiden vorausgelaufenen Männer bei der Jagd zu unterstützen. Eine weitere Figur ist lediglich schemenhaft im Dickicht des Waldes im rechten Hintergrund zu erkennen. Die Männer sind unbekleidet und die einzige Frau der Gruppe trägt einen weißen Lendenschurz. Alle sind mit Pfeil und Bogen oder mit einem Speer bewaffnet. Das Motiv der Jaguarjagd hatte der Maler Johann Moritz Rugendas, der in der Nachfolge Alexander von Humboldts 1822 bis 1825 nach Brasilien gereist war, bereits in seinem illustrierten Reisewerk „Malerische Reise in Brasilien“ veröffentlicht. Da dieser Reisebricht eine große Öffentlichkeit erlangte, ist es wahrscheinlich, dass Bellermann die darin enthaltenen Abbildungen kannte und bei diesem Bild aufgriff. Zwar konnte Bellermann die abgebildeten Tiere und Menschen auf seiner Reise vor Ort sehen, doch widmete er sich mit Leidenschaft eher der Darstellung der dortigen Landschaft. Die figürlichen Szenen hielt er in seinem Skizzenbuch fest, um sie später gegebenenfalls als Staffage in seine Landschaften einzufügen. Dieses Gemälde entstand fast 20 Jahre nach seiner Rückkehr. Der Künstler orientierte sich hierbei an seinen vor Ort gemachten Skizzen und komponierte daraus später eine detaillierte Landschaft, die er dann mit figürlicher Staffage versah. Die dargestellte Natur ist folglich kein genaues Abbild eines Landschaftsausschnittes. Er interessierte sich vielmehr für die künstlerische Wiedergabe eines Gesamteindrucks des venezolanischen Naturcharakters und der detailliert ausgearbeiteten Vegetation. Deshalb verwundert es nicht, wenn er die Menschen der indigenen Bevölkerung und die einheimische Tierwelt nur als Beiwerk erscheinen lässt, um die vermeintliche „Exotik“ des venezolanischen Urwaldes zu verdeutlichen. In seinem Tagebuch beschreibt der Künstler unterschiedliche Begegnungen mit der indigenen Bevölkerung. Teilweise sei er auf Ausflügen zufällig auf sie gestoßen und teilweise habe er sie als Reiseführer in Dienst genommen. Dabei bleibt es unklar, unter welchen Umständen und Verhältnissen seine Beobachtungen zustande kamen. Sowohl in seinen schriftlichen Äußerungen, als auch in seinen bildlichen Darstellungen wird seine europäische Sichtweise auf die indigene Bevölkerung deutlich. In seinen Gemälden führt er den europäischen Betrachter:innen einen Kontrast zu der eigenen Erfahrungswelt vor Augen und wird somit – dem Zeitgeschmack entsprechend – den Erwartungen des europäischen „Exotismus“ gerecht. Dr. Alexandra Nina Bauer (2017) / Carina Anderwald (2022)

Objektart Gemälde
Maße ohne Rahmen: Höhe: 150.00 cm Breite: 187.00 cm
Material Öl auf Leinwand
Inventarnummer GK I 799
Stand der Infomationen 2023-10-05 23:54:54
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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg CC BY-NC-SA

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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Die Hohenzollern ließen ab dem 17. Jahrhundert neben ihrer Hauptresidenz in Berlin verschiedene Schloss- und Gartenanlagen in der Havellandschaft bei Potsdam errichten. Der Gartengestalter Peter Joseph Lenné fasste im 19. Jahrhundert mehrere dieser Schloss- und Gartenensembles zu einer Kulturlandschaft zusammen, die 1990 in die UNESCO-Liste des Kulturerbes der Menschheit aufgenommen wurde. Die 1995 gegründete Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) pflegt diesen Reichtum brandenburgisch-preußischer Geschichte, betreut die Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen und macht sie auf vielfältige Weise der Öffentlichkeit zugänglich. Die SPSG ist ein Zusammenschluss der nach 1945 getrennten Schlösserverwaltungen in Potsdam und West-Berlin und knüpft an die bereits 1927 im Zuge der Vermögensauseinandersetzung mit dem Haus Hohenzollern gegründete preußische Schlösserverwaltung an. Derzeit verwaltet die SPSG über 150 historische Bauwerke sowie rund 800 Hektar Gartenanlagen. Über 30 Häuser aus fünf Jahrhunderten mit ihren hochkarätigen Kunstsammlungen sind der Öffentlichkeit regelmäßig zugänglich. Dazu gehören in Potsdam u.a. das Schloss Sanssouci, die Bildergalerie, das Neue Palais und Schloss Charlottenhof im Park Sanssouci sowie das Marmorpalais und Schloss Cecilienhof im Potsdamer Neuen Garten. In Berlin betreut die SPSG Schloss und Garten Charlottenburg, Jagdschloss Glienicke, Schloss Schönhausen und die Pfaueninsel. Hinzu kommen die märkischen Schlösser Rheinsberg, Königs Wusterhausen, Caputh und Paretz sowie das Schlossmuseum Oranienburg.

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