Johann Melchior Kambly, Bodenstanduhr mit Flötenwerk, 1763–1769, Inv. Nr. V 1
Beschreibung
Die Uhr gehört zur Originalausstattung der Blauen Kammer, des Vorzimmers in der Königswohnung im Potsdamer Neuen Palais. Friedrich II. von Preußen bestellte sie bei dem vielseitigen, seit Mitte der 1740er Jahre in Potsdam wirkenden Schweizer Kunsthandwerker Johann Melchior Kambly (1718-1782), Sohn eines Zürcher Uhrmachers. Bei der Rechnungslegung erwähnt Kambly, dass der König selbst den Entwurf zur Uhr genehmigt („approbiert“) hätte, eine Angewohnheit, die Friedrich bei seinen Bauprojekten häufig an den Tag legte. Es zeigt auch, wie die kostbar mit Schildpatt furnierte und mit vergoldetem Zierrat versehene Uhr als Möbelstück, Zeitmesser und mechanischer Musikspielautomat in den Gesamtentwurf der Raumausstattung einbezogen wurde. Die Gestaltung des Gehäuses harmoniert mit der wandfesten Dekoration des Vorzimmers, in dem neben dem Thema der Natur auch das der Tonkunst vorherrscht: Musizierende Putten mit allerlei Instrumenten finden sich sowohl auf der Uhr als auch in der Sockel- und Frieszone der Wände wieder. Stilistisch orientiert sich die mit Sockel, Pendelkasten und Kopf dreiteilig aufgebaute Uhr an französischen Möbelentwürfen der Louis XV-Epoche. Eine Eigenart Kamblys bleibt die Dekoration mit lebhaft bewegten Putten, die auch an anderen Möbeln für Friedrich II., wie Uhren oder Eckschränke, zu finden sind. An diesem Gehäuse hielten ursprünglich alle drei Knaben Blasinstrumente, die Flöte (?) des rechten, sich weit zurücklehnenden Kindes ging verloren, ebenso das Gerät in der linken Hand des mittleren Knaben, von dem nur noch der Griff vorhanden ist. Das Horn des links sitzenden Kindes wurde bei einer früheren Restaurierung diesem nicht in die Hand gegeben, sondern – wohl weil man es besser zu befestigen versuchte – unsachgemäß auf den Handrücken geschraubt. Die vordere Tür am Pendelkasten verweist mit ihrer vergoldeten Dekoration aus Tamburin, Oboe und Flöte auf das Musikwerk im Inneren des Gehäuses. Die eingesetzte Walze spielt eine Melodie aus der Oper „Arminio“ von Johann Adolf Hasse (1699-1783). Der gefeierte, von Friedrich II. und Voltaire bewunderte kurfürstlich-sächsische und königlich-polnische Hofkomponist führte die erste Fassung dieses Singspiels 1745 in Dresden auf. Zwei Jahre später kam es in Berlin auf die Bühne. Zur feierlichen Einweihung des Neuen Palais im Juli 1768 wurden zwei Oratorien von Hasse gespielt. (Silke Kiesant)
Uhr | |
Gehäuse: Höhe: 302.50 cm Breite: 77.50 cm Tiefe: 55.00 cm | |
Korpus: Eiche, furniert mit Wacholder/Zeder; Schildpatt, furniert und mit rotem Papier unterlegt; Gelbguss, feuervergoldet; Stahl, z.T. gebläut; Messing; Werkstuhl: vermutlich Weißbuche; Pfeifen: Holz; Blasebalg: Eiche, Leder; Beton (Gewicht), mit Messing ummantelt; Email mit Goldmalerei; Glas; Glassteine; Textil (Seide?); Werk: Stahl, Messing, Holz, Ziegenleder, Darmsaite | |
Flötenwerk: sign. auf der seitlichen Spielwerksplatine: „C. L. Bauer Fec: Berlin 1769: No. 1.“, auf dem Stahlwinkel im Schlagwerk: „F…“ (Johann Rudolph Fischer zugeschrieben) | |
V 1 | |
2025-02-05 21:23:52 | |
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Dieses Objekt im Museum
Die Hohenzollern ließen ab dem 17. Jahrhundert neben ihrer Hauptresidenz in Berlin verschiedene Schloss- und Gartenanlagen in der Havellandschaft bei Potsdam errichten. Der Gartengestalter Peter Joseph Lenné fasste im 19. Jahrhundert mehrere dieser Schloss- und Gartenensembles zu einer Kulturlandschaft zusammen, die 1990 in die UNESCO-Liste des Kulturerbes der Menschheit aufgenommen wurde. Die 1995 gegründete Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) pflegt diesen Reichtum brandenburgisch-preußischer Geschichte, betreut die Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen und macht sie auf vielfältige Weise der Öffentlichkeit zugänglich. Die SPSG ist ein Zusammenschluss der nach 1945 getrennten Schlösserverwaltungen in Potsdam und West-Berlin und knüpft an die bereits 1927 im Zuge der Vermögensauseinandersetzung mit dem Haus Hohenzollern gegründete preußische Schlösserverwaltung an. Derzeit verwaltet die SPSG über 150 historische Bauwerke sowie rund 800 Hektar Gartenanlagen. Über 30 Häuser aus fünf Jahrhunderten mit ihren hochkarätigen Kunstsammlungen sind der Öffentlichkeit regelmäßig zugänglich. Dazu gehören in Potsdam u.a. das Schloss Sanssouci, die Bildergalerie, das Neue Palais und Schloss Charlottenhof im Park Sanssouci sowie das Marmorpalais und Schloss Cecilienhof im Potsdamer Neuen Garten. In Berlin betreut die SPSG Schloss und Garten Charlottenburg, Jagdschloss Glienicke, Schloss Schönhausen und die Pfaueninsel. Hinzu kommen die märkischen Schlösser Rheinsberg, Königs Wusterhausen, Caputh und Paretz sowie das Schlossmuseum Oranienburg.