Facettiertes Kelchglas mit Goldmalerei
Beschreibung
Kelch aus manganstichigem, farblosem Glas, Tellerfuß mit unterseitigem Strahlenkranz aus Oliven, Abriss überschliffen, der schlanke, sich nach oben weitende Schaft ist facettiert, hohe Kuppa, am Ansatz eingezogen, ebenfalls facettiert, der Mündungsrand ist plangeschliffen und vergoldet. Die Kuppawandung ziert die goldstaffierte Darstellung eines Mannes mit seinem Hund auf einem Landschaftssockel mit Bäumen, stark berieben. Das Motiv des Dekors war damals weit verbreitet und ist auf zahlreichen Gläsern überliefert. Der Formtyp wird stets mit schlesischen Glashütten der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Verbindung gebracht (vgl. Jentsch, Kelchgläser, 2015, Abb. 8, S. 16; Trux, Form- und Scherzgläser, 1992, Kat. 119, S. 318f.; Röver, Gläsersammlung Röver, 1987, Kat. 235, S. 55; Mosel, Glas, 1979, Kat. 173, S. 128; Klesse, Glas, 1963, Kat. 337, S. 150; Bernt, Altes Glas, 1950, S. 70). Damals gehörte Schlesien zwar zu Preußen, der Import schlesischer Glasprodukte war jedoch zum Schutz einheimischer Produkte mit hohen Einfuhrzöllen belegt. Bei diesem Kelch dürfte es sich tatsächlich um ein Zechliner Produkt handeln. Er gehört zu einer Gruppe Gläser aus der rekonstruierten Innenausstattung des Neuruppiner Apollotempels. Dem Eintrag im Inventarbuch nach soll es wie auch die anderen von der Zechliner Hofglashütte hergestellt worden sein und aus Schloss Rheinsberg stammen. Das Museum erwarb den Kelch 1928 aus dem Nachlass eines Mitgliedes der einflussreichen Neuruppiner Kaufmannsfamilie Gentz, die den Tempel ab 1853 neu ausgestaltete. Die Provenienz dieses Glases untermauert damit die Annahme, dass sich die Zechliner Glashütte an schlesischen Vorbildern orientierte (vgl. Zelasko, Barock und Rokoko, 2014, Kat. 276, S. 306; Zoedler, Schlesisches Glas, 1996, Abb. 50, S. 117). Und auch das Dekormotiv findet sich auf einem anderen brandenburgischen Kelchglas, das auf um 1760 datiert wird (Brandenburgische Museumsblätter, Neue Folge Nr. 2, Dezember 1925, Abb. 4, S. 14). [Verena Wasmuth]
Kelchglas | |
H. 15,3 cm; Dm. Fuß 7,3 cm; Dm. Mündung 6,1 cm; Wandungsstärke 0,2 cm | |
Glas / formgeblasen, ofengeformt, facettiert, vergoldet | |
V-0008-B | |
2025-02-05 21:23:49 | |
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Dieses Objekt im Museum
Das Museum der Stadt Neuruppin bewahrt eine der ältesten musealen Sammlungen im Land Brandenburg. Friedrich Christian Graf von Zieten, der Sohn des legendären Husarengenerals, hatte als Landrat des Kreises Ruppin (von 1800 bis 1841) mit seiner "Sammlung vaterländischer Altertümer" den Grundstock für das Museum gelegt. 1865 wurde in der Aula des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums mit der Zietenschen Sammlung erstmals ein Museum eingerichtet. Ab 1911 war das Museum in der Gentzschen Gartenvilla im Tempelgarten untergebracht. Aus Platzgründen zog das Museum in den 1950 Jahren in das Noeldechenhaus, das prächtigste Bürgerhaus der Stadt. Seither entwickelte es sich zu einem stadt- und regionalgeschichtlichen Haus, das heute zu den größeren Museen seiner Art in Brandenburg zählt. 2014 erhielt das Museum einen modernen Anbau für Wechselausstellungen und die Präsentation der Neuruppiner Bilderbogen. Seit 2015 zeigt das Museum Neuruppin auf 800 qm Ausstellungsfläche Kunst- und Kulturgeschichte der Stadt Neuruppin und ihrer Umgebung. Zum 200. Geburtstag des Schriftstellers Theodor Fontane im Jahr 2019 gratulierte das Museum Neuruppin mit der überregionalen Leitausstellung "fontane.200/Autor" in Kooperation mit der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte.