Hillner Franz: Christiane Louise von Rochow, 1794

Unbekannt: Christiane Louise von Rochow, 1794_Vorderseite Thomas Voßbeck, 2023 Public Domain Mark

Beschreibung

Das hochrechteckige Pastell zeigt in ein oval eingeschrieben das Brustbild Christiane Louise von Rochows, geb. von Bose (1734-1808) als eine moderne aufgeschlossene adlige Frau von etwa 60 Jahren. Mit ihrem Ehemann Friedrich Eberhard von Rochow setzte sie europaweit beachtete Schul- und Landwirtschaftsreformen um. Die Reckahner Gutsherrin trägt ein weißes Chemisenkleid, eingesteckt ein weißes Brusttuch. Ihr Kopftuch ist nach türkischer Manier mit langen über ihre Schulter hängenden Enden, von denen sie ein Ende mit Daumen und Zeigefinger ihrer rechten Hand bei angewinkeltem Arm über ihre rechte Brust hält. Darunter ist ein blaues Schleifenband zu erkennen. Diese ausgesprochen modische Kleidung ist sehr auffällig, wovon noch zu reden sein wird. Den Oberkörper leicht nach links gedreht, schaut Frau von Rochow den Betrachter an. Das Pastell eröffnet einen seltenen Einblick in das Porträt als Ausdruck der Lebenseinstellung des Dargestellten, die sich hier vor allem in der Wahl der Kleidung zeigt: Ein zeitgleich übermaltes Ölgemälde Christiane Louise von Rochows vom Potsdamer Kunst- und Porträtmaler Franz Hillner (1745-1808) im Rochow-Museum Reckahn bietet hierfür den Schlüssel. Dessen Entstehungszeit 1794 dürfte auch für das Pastell gelten und die Ähnlichkeit in der Auffassung erlaubt zugleich die Zuordnung an den Maler. Das Gemälde ist in seinem jetzigen Zustand dem Pastell ähnlich in Haltung und Kostüm der Dargestellten und ist als eine Variation des Gemäldes anzusehen, das ein Brustbild ohne Hände ist, während das Pastell die Enden des Kopftuches hinzufügt und den Arm mit der Hand, die nach dem Ende greift. In dieser Gestik ebenso wie in der bewegteren Wiedergabe des Kopfes ist das Pastell dem Gemälde übrigens künstlerisch überlegen. Vorangegangen waren Unsicherheiten bei der Wahl des schicklichen Kostüms. Das Reckahner Gemälde ist übermalt, der frühere sehr modische Kopfschmuck wurde zugunsten einer schlichteren Form korrigiert, der Ausschnitt mit dem Tuch wurde etwas verkleinert. Diese erst im Röntgenbild sichtbar gwordene Malerei entsprach einem im November 1793 im Journal des Luxus und der Moden abgebildeten "Friedenskleid", das ein Gegenentwurf zu den wilden Kleidern der "Revolutionsweiber" war. Dies zeigt, dass es mehrfache Abstimmung zum Kleid gab, dass die Malerei nicht unbedingt ein wirkliches Kleid voraussetzte und dass Frau von Rochow zwar modern, aber eben nicht auffallend gekleidet sein wollte. Immerhin war sie wie erwähnt bereits 60 Jahre alt. Das Pastell wurde in Schloß Reckahn anlässlich der Sonderausstellung "Anmut und Klugheit. Christiane Louise von Rochow starb vor 200 Jahren" ausgestellt und zuvor in der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg restauriert. Der Zustand ist gut, unterhalb des linken Auges befindet sich ein retuschiertes Loch. (ib) Das Pastell ist vor 1945 in die Sammlung des Stadtmuseums gelangt. Literatur: Schmitt, Hanno; Lindemann-Stark, Anke; Siebrecht, Silke (Hg.) (2008): Anmut und Klugheit. Christiane Louise von Rochow starb vor 200 Jahren, Begleitbuch zur Ausstellung im Rochow-Museum Reckahn 2008, S. 16 (Abb. 3, S.16-18 über die Identifikation des Porträts als Werk von Franz Hillner, Abb. 5 Detail der Beschädigung am Auge vor der Retusche).

Objektart Pastell
Maße Bildgröße: Höhe 46,8 cm, Breite 37,4 cm ; Rahmengröße: Höhe 51,0 cm, Breite 41,5 cm, Tiefe 4,0 cm
Material Pastell auf Pergament, gerahmt
Inventarnummer V22518KbGr
Stand der Infomationen 2025-02-05 21:23:48
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Stadtmuseum Brandenburg an der Havel

Das Stadtmuseum Brandenburg an der Havel geht auf die Sammlung des Historischen Vereins zurück, der 1868 gegründet, diese zunächst im Steintorturm, ab 1923 im barocken Frey-Haus ausstellte. Das 1919 vom Spielzeugfabrikanten Ernst Paul Lehmann erworbene und dem Historischen Verein für die stadtgeschichtliche Ausstellung zur Verfügung gestellte Haus übergaben seine Erben 1939 der Stadt über, ebenso übergab der Historische Verein die Sammlungsbestände in städtisches Eigentum. Das Stadtmuseum umfasst heute drei Ausstellungsorte: das Frey-Haus mit seinen Nebengebäuden - ein bürgerliches, barockes Juwel im Zentrum der Altstadt, das Gotische Haus mit seiner Dauerausstellung zu "Alchemie und Alltag" und den mittelalterlichen Steintortum in der Neustadt mit der Sammlung zu Havelschifffahrt. Im Frey-Haus wird in wechselnden Sonderausstellungen die jüngere Stadtgeschichte gezeigt, deren Ereignisse das Leben der Brandenburger bis heute prägen sowie eine ständige Ausstellung zur über hundert Jahre alten Spielzeugtradition in Brandenburg an der Havel, die Kinder wie Sammler für das Blech- und Lineol-Spielzeug "Made in Brandenburg an der Havel" begeistert. Der Steintorturm ist nur zwischen April und Oktober geöffnet, das Gotische Haus während der Öffnungszeiten der Stadtverwaltung.

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